Montag, 5. Januar 2015

Exkurs: Ein Beispiel aus Luxemburg

Wie in der Einleitung angekündigt, werde ich im letzten Blogpost meines Artikels "Menschliches Verhalten in sozialen Netzwerken", sozusagen als praktischen Exkurs, über die aktuelle Situation in Luxemburg berichten. Dies ist insofern interessant, als dass es sich bei Luxemburg um ein ziemlich kleines Land handelt, in dem relativ viele Ausländer (ungefähr 45% der Einwohner) leben. Hinzu kommt, dass es dort keine klar rechtsextreme Partei gibt, was auf den ersten Blick vorteilhaft scheint. Jedoch hat dies die negative Konsequenz, dass sich die gesamte rechte Ecke Luxemburgs in der rechtspopulistischen/rechtskonservativen Partei "Alternativ Demokratesch Reformpartei" (adr) einfinden muss. Die adr lässt sich mit der AfD vergleichen und wird von der Öffentlichkeit wie auch von den Regierungsparteien Luxemburgs ähnlich wahrgenommen wie es in Deutschland mit der AfD der Fall ist.

Dadurch, dass man in Luxemburg keine klar rechtsextreme Partei wählen kann, haben sich in den sozialen Netzwerken einige Gruppierungen entwickelt, um das braune Gedankengut in die Köpfe der Luxemburger zu befördern. Normalerweise sind die Betreiber dieser Seiten nicht sehr erfolgreich darin, ihre Mission zu erfüllen, jedoch überschlugen sich im Januar 2014 einige Ereignisse auf Facebook, von denen ich nachfolgend berichten werde.

Begonnen hat das Ganze mit der Facebookseite "Fir all dei et satt hun gesot ze kreien 'scheiss letzeboier' :O" (mitsamt holpriger Ausdrucksweise übersetzt: Für alle die es satt haben gesagt zu bekommen "scheiß lucksemburger" :O), die 2010 gegründet wurde. Diese erreichte ziemlich schnell die 1000-Like Marke und verblieb dann inaktiv. Im Januar 2014 wurde die Seite dann zum "Sprachrohr der unzufriedenen Luxemburger" umfunktioniert. Man konnte der Administration der Seite eine Nachricht schicken, die dann – auf Wunsch anonym – veröffentlicht wurde. Hierbei handelte es sich fast immer um irgendwelche Erfahrungsberichte, die aufzeigen sollten, wie schlimm es doch ist, sich als Luxemburger im eigenen Land fremd fühlen zu müssen. An dieser Stelle griff nun die Algorithmik hinter Facebook ein und zeigte diese Beiträge vielen anderen Nutzern an, da sie aufgrund der vielen Interaktionen relevant zu sein schienen. Diese Nutzer interagierten wiederum mit den Beiträgen, was die Reichweite derselben wieder erhöhte. Schon bald war der Newsfeed der luxemburgischen Facebook-Nutzer mit Beiträgen dieser Art überschwemmt. Gerade diese Überschwemmung an Erfahrungsberichten verleitete eine Großzahl an "besorgten" Luxemburgern dazu, zu denken, dass in der realen Welt die Situation gerade am Überkochen wäre, und man nun unbedingt etwas gegen die Ausländer und Grenzgänger unternehmen müsste. Besonders für den Erhalt der luxemburgischen Sprache müsste man sich einsetzen, behaupteten viele. Dieser Irrglaube könnte nicht unsinniger sein, belegen doch aktuelle Studien, dass die luxemburgische Sprache von immer mehr Menschen gesprochen wird.

Nach einiger Zeit stellten sich auch einige Wechsel in der Administration der Seite ein, um dem Ansturm an Nachrichten, die es zu veröffentlichen galt, entgegenzukommen. Schnell sprach sich herum, was passiert war: Sympathisanten und aktive Mitglieder der "Luxembourg Defence League", einer rechten Internetgruppierung, hatten das Potenzial dieser Nachrichtenquelle entdeckt und übernahmen nun das Steuer. Fortan wurde, unter dem Deckmantel der Erhaltung der luxemburgischen Sprache und Kultur, braunes Gedankengut mit vorher unvorstellbarer Reichweite verbreitet. So versuchte die LDL, neue Mitglieder anzuwerben, um aus eventuellen Mitläufern Kämpfer für ihre Sache zu gewinnen.

Gegenreaktionen zu dieser Facebook-Seite bildeten sich rasch. Auf der Seite selbst wurden jedoch alle Kommentare, die nicht der Meinung der Administratoren entsprachen, umgehend gelöscht. Das Melden der Seite bei Facebook erzielte auch nicht das erwünschte Resultat, sodass die Seite ungehindert ihre Beiträge unter das Volk bringen konnte. Die daraufhin gegründete Facebook-Seite "Fir een tolerant Lëtzebuerg" (zu deutsch: Für ein tolerantes Luxemburg) vermochte leider auch nicht, den Strom aus rassistischen Beiträgen zu unterbrechen.

Am 28. Januar 2014 wendete sich das Blatt schließlich: das Team von Eldoradio, einem erfolgreichen luxemburgischen Radiosender mit jugendlicher Zielgruppe, startete die Facebook-Seite "Eng Mandarin" (zu deutsch: Eine Mandarine). Diese Mandarine sollte symbolisch gegen die rechten Parolen stehen, die überhand genommen hatten. Die Seite fand große Unterstützung bei den Medien, wurde sie doch selbst von einer Tochtergruppe von RTL gegründet, und erfreute sich somit eines regen Zulaufs und vieler Interaktionen. Die resultierende Reichweite sorgte dafür, dass ein Teil der rassistischen Beiträge aus dem Nachrichtenfeld der Nutzergemeinde verdrängt wurde.

Zeitgleich veröffentlichte der Student Maxime Weber, der schon länger gegen die rechte Szene in Luxemburg ankämpfte, einen offenen Brief an die "luxemburger Patrioten" auf seinem neuen Blog, der sich wie ein Lauffeuer in den sozialen Netzwerken verbreitete. Sowohl der emotionsgeladene Ton als auch die enthaltenen Inhalte trafen vollends den Nerv der nicht-rechten Luxemburger, die durch das Teilen des Blogposts im Nachrichtenfenster von Facebook nun auf sich aufmerksam machen konnten. Wer den Artikel bis zum Ende liest, erkennt, dass Maxime Weber sich der öffentlichen Bloßstellung eines der Administratoren der behandelten Facebook-Seite bediente, um seinen Argumenten Schlagkraft zu verleihen. Auch wenn sich dieser Administrator dadurch gezwungen fühlte, die Seite zu verlassen, was deren Untergang bedeutete, hätte eine elegantere Lösung als die öffentliche Bloßstellung einer Person gewählt werden können. Die Konsequenz war, dass die Justiz so auf andere, xenophobe Machenschaften des ehemaligen Administrators aufmerksam wurde, der nun seine gerechte Strafe erhielt.

In diesem letzten Blogpost konnte man gut erkennen, wie durch das Verhalten der Menschen in sozialen Netzwerken eine Nutzergemeinde zu einem unkontrollierbaren, wütenden Mob wurde. Eine wichtige Rolle spielte auch hier die Algorithmik hinter Facebook, die diesen Mob (unwissentlich) unterstütze, indem sie den hetzerischen Beiträgen eine hohe Reichweite zuschrieb. Die behandelte Facebook-Seite existiert noch immer und erstellt unregelmäßig Beiträge, jedoch mit mäßigem Erfolg. Hier spielt Facebook nun gegen die Seite selbst: Hat man seine Seite einmal heruntergewirtschaftet, ist es sehr schwer, aus diesem Loch wieder herauszukommen. Im Nachhinein sollte man diese Ereignisse als Warnsignal verstehen. Gerade die aktuelle Situation um Pegida zeigt auf, was hätte passieren können, wenn die Gegenreaktionen nicht überhand genommen hätten.


Donnerstag, 18. Dezember 2014

Menschliches Verhalten in sozialen Netzwerken – Gegenreaktionen

Im mittlerweile sechsten Teil meines Artikels zum menschlichen Verhalten in sozialen Netzwerken werde ich, wie bereits in der Einleitung angekündigt, Inhalte im Netz aufzeigen, mit denen bereits jetzt versucht wird, die in vorherigen Blogposts besprochenen Missstände zu bekämpfen. Die Herangehensweisen der Ersteller könnten dabei unterschiedlicher eigentlich nicht sein: auf der einen Seite gibt es Organisationen, die aktiv daran arbeiten, Nutzer sozialer Netzwerke – unter anderem anhand detaillierter Recherche – auf ihre Fehler aufmerksam zu machen, sie aufzuklären und zu sensibilisieren. Daneben gibt es auch eine ganze Reihe von Menschen, die humorvoll an das Problem herangehen wollen.

Wie Sie bereits aus den Quellenangaben meiner vorherigen Posts entnehmen können, ist die Webseite mimikama.at eine wahre Fundgrube zur Entlarvung von Inhalten wie Falschmeldungen, Überspitzungen oder auch Hetze auf Facebook. Die grobe Vorgehensweise der Betreiber lässt sich leicht skizzieren: entdeckt ein Nutzer einen Beitrag, den er für fragwürdig oder in anderer Weise für unpassend befindet, so kann er diesen per Ticket an das Team von mimikama.at melden. Dort werden die Hintergründe des Beitrags recherchiert, und anschließend werden die aufgefundenen Informationen in einem Artikel auf der Webseite und auf deren Facebook-Seite veröffentlicht. Zusätzlich wird der nun entstandene Beitrag stetig aktualisiert, sofern der besprochene Inhalt wieder an Relevanz gewinnen sollte. Ein anderes Feld, auf dem hier Engagement gezeigt wird, ist auch das aktive Vorgehen gegen Internetbetrüger. Mit der Ticketfunktion hat man die Möglichkeit, Bericht zu erstatten, sollten einem verdächtige Verhaltensweisen auffallen. Das Team wird bei Bedarf auch persönliche Hilfestellungen anbieten, sollte man selbst Opfer von Betrug im Internet geworden sein. Außerdem werden in unregelmäßigen Abständen externe Experten – wie etwa Rechtsanwälte – eingeladen, denen dann in Form eines Facebook-Chats Fragen zu einem bestimmten Thema gestellt werden dürfen. Ebenso hat mimikama.at das Zertifikat "Bedenkenlos klicken" entwickelt. Damit kann man als Seitenbetreiber oder Applikationsentwickler seine Inhalte prüfen lassen, um den Nutzern zu beweisen, dass es sich beim eigenen Angebot nicht um einen Betrugsversuch handelt.
Nebst dieser höchst lobenswerten Recherchearbeit gibt es auch humorvolle Ansätze, die auf Missstände in der aktuellen Internetkultur aufmerksam machen wollen. Hierzu zählt sicherlich auch diese Aktion, bei der Twitter-Nutzer sich über Click-Baiting-Seiten lustig machten. Ein Nutzer verlinkte in seinem reißerisch formulierten Tweet einen anderen reißerischen Tweet, der wiederum auf einen nächsten reißerischen Tweet verlinkte. Worauf dieser Tweet dann verlinkte, ist wohl leicht zu erahnen...

Auf der Webseite des Postillon – einer Satire-Nachrichtenseite – fanden sich auch bereits Artikel, in denen insbesondere heftig.co durch den Kakao gezogen wurde. Unter anderem musste dort der Schlagzeilenredakteur aufgrund emotionaler Erschöpfung in die Nervenklinik eingewiesen werden, oder es wurde eine neue App entwickelt, die automatisch alle Facebook-Freundelöscht, welche die Facebook-Seite von heftig.co abonniert hatten. Letzteres wurde anschließend sogar in die Tat umgesetzt. Allgemeiner wurde hier die "Like-Geilheit" mancher Seitenbetreiber, besonders in moralisch zweifelhaften Fällen, verurteilt.
Übrigens: Wer den typischen Sprüchen der braunen Ecke – oder auch Erstsemestlern – überdrüssig ist, dem sei ein Blick auf diese Seite empfohlen.  



Es bleibt wichtig, zu erwähnen, dass auch der Spaß, den sich unter anderem der Postillon erlaubt, seine Grenzen kennen muss. Postillon-typisch erklärt der Betreiber in diesem Artikel, dass es nicht von Überlegenheit zeugt, sich generell über Menschen lustig zu machen, die auf Satire hereinfallen. Genauso kann man dies auf Menschen, die auf Click-Baiting oder ähnliches hereinfallen, übertragen: humorvolle Ansätze sind zwar effektiv, um verschiedene Themen zur Aussprache zu bringen und Aufmerksamkeit zu erregen, jedoch sollte man nicht vergessen, dass es zu einem besseren Zusammenleben in sozialen Netzwerken auch der effektiven Aufklärung und der Sensibilisierung bedarf. Ein Wermutstropfen bleiben die geringe Empfängnisbereitschaft und die Akzeptanz der Nutzergemeinde für derlei Aufklärungsversuche. Obwohl die Facebook-Präsenz von mimikama.at von mehr als einer halber Million Menschen abonniert wurde, gleicht die Aufgabe dieser Seite leider einem Kampf gegen Windmühlen.


Quellen:

http://www.der-postillon.com/2014/09/neue-facebook-app-loscht-automatisch.html
(Das obere Bild stammt ebenfalls von dieser Seite)

Dienstag, 16. Dezember 2014

Menschliches Verhalten in sozialen Netzwerken – Rechtliche Aspekte

Wieder einmal wird Facebook mit einer Flut aus Bildern überschwemmt, auf denen ausdrücklich Facebooks neuen AGB widersprochen wird. Alleine aufgrund der haarsträubenden Grammatik, in der diese Texte verfasst sind, kann man den Wirkungsgrad solcher Aktionen erahnen. Der AGB-Widerspruch auf Facebook ist "juristisch unsinnig", denn wer sich etwas mit deutschem Recht auskennt, der weiß, dass solche Widersprüche auch zugehen müssen. Wer also wirklich gegen die AGB Widerspruch leisten will, muss das Unternehmen schriftlich – also per Briefschreiben – kontaktieren. Täte man dies, so läge es noch immer bei Facebook, wie diese darauf reagierten. Dass als Konsequenz eines solchen Schreibens die AGB über Bord geworfen werden würden, wäre wohl einer der unwahrscheinlichsten Ausgänge dieser Situation.



Die oben beschriebene Situation gibt bereits einen guten Einblick in das juristische (Schein)Wissen vieler Nutzer sozialer Netzwerken. Das Internet ist kein straffreier Raum, auch wenn mancheiner das glauben mag. In diesem Blogpost werde ich also darauf eingehen, welche juristischen Folgen das unüberlegte Teilen von Inhalten, oder Hetze in sozialen Netzwerken haben können. Hier sei beispielhaft ein entsprechendes Urteil angegeben.

Bei der Hetze in sozialen Netzwerken muss erwähnt sein, dass es sich hier in den meisten Fällen um einen privaten Fahndungsaufruf handelt. Dies ist allerdings verboten, denn nur die Strafverfolgungsbehörden haben das Recht zur Fahndung. An dieser Stelle macht sich der Ersteller hetzerischer Beiträge also bereits strafbar. Verbreitet nun ein Nutzer wissentlich falsche Informationen über einen "Täter" oder beschuldigt diesen einer Straftat, von welcher der Ersteller weiß, dass diese nicht begangen wurde, so handelt es sich hier nach dem deutschen Strafgesetzbuch – auch im Internet – um Verleumdung, die im schlimmsten Fall mit einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren enden kann. Jeder, der nun diese falsche Meldung teilt, hat unwissentlich eine Falschinformationen geteilt, und macht sich der "üblen Nachrede" strafbar. Hier droht eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren. Auch der falschen Verdächtigung kann man sich in so einem Fall strafbar machen, die, wie die Verleumdung, mit maximal fünf Jahren Freiheitsstrafe bestraft werden kann.

Zusätzlich zu diesen Straftaten werden beim unüberlegten Teilen von Inhalten oder bei der Hetze in sozialen Netzwerken auch des öfteren Rechte verletzt, die allgemein zu dem Persönlichkeitsrecht zusammengefasst werden. Besonders in Deutschland gilt ein recht strenges Persönlichkeitsrecht. Nur unter ganz gewissen Umständen kann dieses teilweise ausgehebelt werden. Teilt man also ein Bild von einem vermeintlichen Straftäter, so kann dieser entsprechend Ansprüche geltend machen und sogar Schmerzensgeld fordern. Es sei darauf hingewiesen, dass auch Kinder und Säuglinge über solche Persönlichkeitsrechte verfügen. Viel zu oft sieht man Bilder von körperlich deformierten Säuglingen oder vermeintlich entführten Kindern, die nur in Umlauf gebracht werden, um Klicks zu generieren. Abgesehen davon, dass hier Persönlichkeitsrechte aufs Äußerste verletzt werden, sei auf dieses Interview hingewiesen, welches die Situation aus dem Blickwinkel einer betroffenen Familie beleuchtet.

Man sieht hier also ganz deutlich, dass das Internet kein Spielplatz ist, und dass man also auch dort für seine Taten belangt werden kann. Das anonyme Internet, das sich viele Nutzer vorstellen, existiert so nicht, und man sollte sich bewusst sein, dass man sich bei manchen unüberlegten Handlungen in sozialen Netzwerken auf – juristisch gesehen – sehr dünnes Eis wagt. In den meisten Fällen werden mindestens zivilrechtliche Ansprüche geltend, was bereits sehr teuer werden kann. Abschließend sollte nicht unerwähnt bleiben, dass es wohl noch seine Zeit braucht, bis die Justiz im Internet so funktioniert, wie sie es auch in der Realität tut, und den Nutzern wirklich bewusst wird, was ihre Taten dort – für sie und andere – bedeuten können. Man muss sich stets vor Augen führen, wie lange es gedauert hat, das aktuelle Rechtssystem zu entwickeln. Hierbei haben sich stets sowohl das Gesetz als auch unsere Ethik wechselseitig beeinflusst. Nach einer solch großen Veränderung in der Gesellschaft, wie sie etwa die nahezu uneingeschränkte Verfügbarkeit des Internets darstellt, bedarf es also vor allem genug Zeit, damit sich die Gesetzeslage und die ethischen Vorstellungen wieder einpendeln können, um so das Rechtssystem zu aktualisieren.


Quellen:

https://www.facebook.com/szmagazin/photos/a.177180783632.119963.132153568632/10151284430228633/?type=1&permPage=1 (Originalpost des oben gezeigten Bildes)
http://www.spiegel.de/panorama/justiz/urteil-gegen-18-jaehrigen-aus-emden-wegen-aufruf-zu-lynchjustiz-a-835927.html
http://www.sueddeutsche.de/digital/datenschutz-in-sozialen-netzwerken-agb-widerspruch-auf-facebook-ist-juristisch-unsinnig-1.1521646
http://www.computerbetrug.de/2012/04/jurist-warnt-private-fahndungsaufrufe-bei-facebook-sind-verboten-6096 http://www.mimikama.at/allgemein/das-baby-mit-dem-krebsgeschwr-die-wahrheit/
http://www.mimikama.at/allgemein/private-fahndungsaufrufe-auf-facebook-warum-diese-verboten-und-strafbar-sind/

Donnerstag, 11. Dezember 2014

Rassismus 2.0 – Wie die rechte Szene sich soziale Netzwerke zu Nutze macht

In den ersten drei Einträgen meines Blogs ging es allgemein um die Funktionsweise sozialer Netzwerke und das Verhalten mancher Nutzer. In diesem Post wird es nun darum gehen, wie die politisch rechte Ecke versucht, ihr Gedankengut in sozialen Netzwerken zu verbreiten und teilweise unterschwellig gegen Minderheiten jeder Art zu hetzen und eine allgemeine fremdenfeindliche Stimmung in der Gesellschaft zu erzeugen.

Beginnen werde ich mit einem Beitrag, der von der Facebook-Seite "NPD-Kreisverband Westpfalz" veröffentlicht wurde. Kurz gesagt: In Kaiserslautern sollen angebliche Asylanten den gefährlichen Ebola-Virus nach Deutschland gebracht haben. Natürlich stimmt das nicht, was man auch in meinen Quellenangaben detailliert nachlesen kann. Das Interessante ist an dieser Stelle die Art, wie der Beitrag verfasst wurde. Ähnlich wie es auch etliche "normale" Seitenbetreiber tun, wird hier versucht, die Reichweite der eigenen Posts mit Provokation und dem Aufstellen pikanter Fragen zu steigern. Darauf springen natürlich viele Nutzer an, die schon seit Monaten in der Angst vor dem tödlichen Ebola-Virus leben. Dabei ist es ihnen im Endeffekt egal, dass sie dabei die NPD indirekt unterstützen. Es geht primär um die Angst um das eigene Leben. Diese Angst wird hier genutzt, um Fremdenhass und Intoleranz gegenüber Asylanten zu schüren. In diesem anderen Beispiel bedient sich die NPD einer ähnlichen Vorgehensweise. Die Angst davor, die eigene Unterkunft zu verlieren, wird dazu genutzt, um gegen Asylanten zu wettern. Natürlich wurde auch hier mit allen Mitteln der Kunst versucht, ausgehend von einem realen Sachverhalt irgendwie eine provokante Meldung auf die Beine zu stellen. Auch in diesem letzten Beispiel wird noch einmal deutlich, dass die politisch rechte Ecke vor keiner Falschmeldung zurückschreckt, um auch nur irgendwie auf sich aufmerksam zu machen. Hier wurde die sogenannte „Eingliederungshilfe“, die eigentlich nur körperlich oder geistig wesentlich behinderten Menschen zusteht, so uminterpretiert, als dass sie dazu dienen würde Asylbewerbern das Eingliedern in die Gesellschaft zu erleichtern. Da es sich in diesem Fall um mehr als 2000 Euro handelte, war die Empörung enorm.


Zusätzlich zu den hier beispielhaft genannten Beiträgen, die aus offensichtlich rechtsextremen Federn stammen, gibt es noch eine subtilere Art, um in sozialen Netzwerken den Hass auf Minderheiten zu schüren. Als Beispiel sei hier auf die oberen Bilder hingewiesen. An dieser Stelle kann man nur über die eigentliche Herkunft und den Sinn der Beiträge spekulieren, jedoch scheinen diese alle einen faden, rechten Beigeschmack zu haben, was besagten Gruppierungen zweifellos entgegenkommt. Teilweise bestehen solche Statusbeiträge aus riesigen Texten, die wohl den Eindruck vermitteln sollen, dass es sich um einen seriösen, gut recherchierten Beitrag handelt. Im Endeffekt wird auch hier nur wieder versucht, ein Maximum an Aufmerksamkeit zu erlangen. Beiläufig werden dann Informationen bezüglich einer ausländischen Herkunft der in den Beiträgen behandelten Täter erwähnt. Diese Informationen führen dazu, dass Nutzer, die diese Beiträge glauben, sich – nach dem Entdecken etlicher ähnlich gelagerter Fälle – "in ihrem eigenen Land nicht mehr sicher fühlen". Hier und hier kann man sich zwei Musterbeispiele für solche Beiträge ansehen. Besonders bei Letzterem kann man erkennen, wie schnell und unkontrolliert sich die Meldung im Internet verbreitet hat. Das Dementieren dieser Meldungen durch die Polizei ist hier nur noch ein Tropfen auf dem heißen Stein.

Mit dem Aufkommen der sozialen Netzwerke ist es auch für die rechte Szene einfacher geworden, neue Mitglieder zu werben. Wo man sich früher erst einmal informieren musste, wo sich die rechte Szene im eigenen Ort denn eigentlich traf und zusätzlich den Mut aufbringen musste dort vorstellig zu werden, so kann man heute mit nur wenigen Klicks den Kontakt mit solchen Personen aufnehmen. Deren angewandte Taktiken zur Rekrutierung sind vielfältig, und es wird gezielt versucht, potenzielle Interessenten Schritt für Schritt in den braunen Morast zu ziehen. Wenn man erst merkt, worauf man sich eingelassen hat, so ist meist schon zu spät, um aus eigener Kraft wieder heraus zu kommen. Auffällig ist hier auch die Anzahl der rechten Seiten, die sich immer gegenseitig referenzieren und wohl auch von den gleichen Betreibern administriert werden. Auch die aktiven Mitglieder solcher Seiten scheinen offensichtlich immer auf die gleiche Menge von echten Personen abzubilden. So entstehen unter Posts teilweise gestellte Diskussionen, die den Zweck haben, Dritte zu beeinflussen und Sympathien für die besprochenen Inhalte zu wecken.

Zum Abschluss dieses Beitrags bleibt nur noch einmal zu wiederholen, dass man unter keinen Umständen, wahllos Beiträge in sozialen Netzwerken weiterleiten sollte. Ist es eigentlich schon schlimm genug, dass man hier (unwissentlich) Falschmeldungen verbreitet und Hetze betreibt, so kann dies eigentlich nur noch schlimmer werden, wenn man durch unüberlegtes Handeln rechts orientierten Gruppierungen den Wind in die Segel bläst. Der Einfluss, den das braune Gedankengut in sozialen Netzwerken ausübt, scheint immer größer zu werden. Der altbekannte Satz "Ich bin ja kein Rassist, aber..." und seine gleichgesinnten Konsorten scheinen, auch dadurch, wohl immer salonfähiger zu werden. Diese Entwicklung unserer Gesellschaft empfinde ich als sehr beunruhigend, da uns auch die Vergangenheit nicht davor bewahrt, empfänglich für offensichtliche Manipulationsversuche seitens des rechten Randes zu sein.


Quellen:

Mittwoch, 10. Dezember 2014

"Todesstrafe" für alles und jeden! - Hetze in sozialen Netzwerken

Wie bereits in der Einleitung angekündigt, wird dieser Post sich mit der Hetze in sozialen Netzwerken – wieder am Beispiel von Facebook – beschäftigen. Viel zu oft sind solche Aktionen schon in Selbstjustiz oder falsche Verdächtigungen ausgeartet. Außerdem ist es immer wieder erschreckend, anzusehen, wie schnell Menschen dazu bereit sind, sich für die Todesstrafe auszusprechen oder private Daten von vermeintlichen Verdächtigen zu veröffentlichen und diese für vogelfrei zu erklären. Besonders im Internet stellt dies ein Problem von bisher unbekanntem Ausmaß dar.

Im Folgenden werde ich kurz skizzieren, wie sich das in diesem konkreten Fall zugetragen hat. Ein Video von einem jungen Mann, der ein Tier quält, wird veröffentlicht. Anscheinend werden auch der reale Name und die Adresse dieses Tierquälers bekannt. Nun versuchen etliche Seitenbetreiber, wie bereits im vorherigen Blogpost erklärt, ihre Reichweite durch das Verbreiten dieses Videos zu erhöhen. Zusätzlich dazu verweisen sie auf eine, offensichtlich von ihnen erstellte, Seite, die nur dazu dienen soll, speziell gegen die Person zu hetzen, die im Video zu sehen ist. Schließlich will man als empörter Nutzer auch auf dem neuesten Stand jedes Skandals sein. Auf dieser neuen Seite wird dann wieder das entsprechende Video mit dem Aufruf, diesen Tierquäler zu finden und ihm seine "gerechte" Strafe zu erteilen, geteilt. Hierbei handelt es ganz klar um einen privaten Fahndungsaufruf, welcher auch noch dazu anstiftet Selbstjustiz zu begehen. Auf diese rechtlichen Aspekte werde ich vertieft in einem späteren Post eingehen. Vorweg sei schon einmal klargestellt, dass man sich hiermit ganz klar strafbar macht!

Für den Seitenbetreiber bringt dieses ganze Geschehen mit sich, dass seine Abonnenten nun praktisch doppelt mit von ihm administrierten Seiten interagieren. Folglich erhöht sich seine Reichweite, und ihm steht nun eine weitere, gut besuchte Seite zu Verfügung, um seine Interessen zu verfolgen. Nun muss die neue Seite mit Posts versorgt werden. Dazu erfanden die Seitenbetreiber im Beispiel eine angebliche Presseinformation von der DPA, in der es hieß, der besagte Tierquäler sei in der Nacht von einem maskierten Täter angegriffen worden und schwebe nun in Lebensgefahr. Der Vermerk des Seitenbetreibers: "GERECHTIGKEIT SIEGT EBEN DOCH!!!!!!!!!!!!" Selbstjustiz ist jedoch niemals gerecht! Ich möchte darauf hinweisen, dass ich keinerlei Sympathien mit dem im Video abgebildeten Menschen empfinde, ich verlasse mich lediglich auf das Rechtssystem, welches sich um solche Probleme kümmert.

Noch dreister wurde das Ganze, als diese Seiten einige Zeit nach dem hier angesprochenen Skandal, weitere Videos hochluden, auf denen Tierquäler zu sehen waren. Auch für diese wurde – natürlich – erst einmal die Todesstrafe gefordert. Man muss sich einmal auf der Zunge zergehen lassen, wie lange die Menschheit dafür kämpft und gekämpft hat, um sich nicht von einer staatlichen Institution das Recht auf das eigene Leben aberkennen lassen zu können. Wie kann man sich jetzt also dafür aussprechen? Jede Rationalität scheint an diesem Punkt verloren.

Natürlich wurde der im Video gezeigte Mann sehr schnell angezeigt und von der Polizei in Gewahrsam genommen, auch um ihn vor eventueller Selbstjustiz zu schützen. Das schien notwendig, denn die im Internet angedeuteten Gewaltandrohungen wurden real, als zwei Einbrecher sich Zugang zur Wohnung des Tierquälers verschafften, der sich aber an einem anderen Ort aufhielt. Abschließend sollte erwähnt sein, dass der hier gezeigte junge Mann wohl aufgrund seiner Polizeiakte nie mehr richtig in das soziale Leben zurückfinden wird. Schwierigkeiten bei der Arbeitssuche sind wohl auch nicht auszuschließen. Handelt es sich dabei nicht schon um eine angemessene Strafe? Gewalt ist niemals eine Lösung. Gleiches mit Gleichem zu vergelten ebenso wenig.

Ein noch viel größeres als das gerade dargestellte Problem ist wohl die Tatsache, dass bei solchen privaten Fahndungsaufrufen auch falsche Personen verdächtigt werden können. Meist sind die Beschreibungen einfach zu ungenau, als dass man genau erkennen kann, um welche Person es sich handeln soll. Manchmal veröffentlicht auch ein übereifriger Nutzer eine angebliche Adresse des vermeintlichen Täters, die anschließend vom Seitenbetreiber weiterverbreitet wird. Die resultierenden Folgen sind leicht auszumalen und traten auch schon mehrmals auf.

Schließlich bleibt hier nur der Rat übrig, sich von solchen Hetzaktionen im Internet fernzuhalten. Um ihrer Reichweite Willen sind viele Seitenbetreiber dazu bereit, über das Gesetz hinaus zu gehen und Informationen nach Belieben zu verdrehen. Fahndungsaufrufe sowie die Ausübung von Justiz sind nicht ohne Grund der Öffentlichkeit verwehrt. Wenn überhaupt, dann sollte nur der Staat die Möglichkeit besitzen, im Netz nach mutmaßlichen Verbrechern zu fahnden, denn auch dies birgt eine große Problematik mit sich, da die Reichweite in sozialen Netzwerken ungeahnte Größen erreichen kann. Es genügt eigentlich schon, dass eine Seite den Beitrag ausschmückt und weiterleitet, um in Teufels Küche zu landen.


Quellen:



Montag, 1. Dezember 2014

Von weinenden Kätzchen und "Kinderschändern"...

In diesem Artikel möchte ich gerne eine kleine Beschreibung und Analyse über das allgemeine Verhalten mancher Menschen in sozialen Netzwerken, insbesondere Facebook, aufstellen. An diesem Punkt weise ich auch sofort darauf hin, dass sich dieses Thema eigentlich nicht ausführlich im Rahmen eines Blogposts bearbeiten lässt. Zu groß ist der anzugehende Bereich, um auch nur annähernd alles abzudecken. Nichtsdestotrotz werde ich einige, für mich interessante, Phänomene untersuchen. Etwas konkreter umrissen, soll es im Folgenden um die Reaktionen und resultierendes Verhalten der Menschen gehen, welche auf Facebook Videos oder Bilder sehen und diese anschließend (unsachlich) kommentieren und teilen.

Beginnen wollte ich mit folgendem Beispiel: anscheinend soll in Uganda ein Kind von seinem Kindermädchen misshandelt worden sein, jedenfalls suggeriert dies die Videobeschreibung. In einem späteren Schnitt sieht man nun, dass ein Mann auf eine wehrlose Frau einprügelt. Die Beschreibung erklärt, dass dies der Vater des Kindes ist, der sich am Kindermädchen rächt. Dass sich der Sachverhalt so eigentlich nicht zugetragen hat, kann man hier, hier und hier nachlesen. Der Seitenbetreiber wollte wohl seine eigene Reichweite erhöhen und hat sich deshalb dazu verleiten lassen, falsche Informationen online zu stellen.

Das Interessante an dieser Stelle ist aber, dass das Video und dessen Hintergrundgeschichte trotzdem unzählige Male geteilt wurden. Der Grund dahinter könnte wohl an der Funktionsweise sozialer Netzwerke und der daraus resultierenden Mentalität der Nutzer liegen. Anfangs sollten solche Netzwerke nämlich dazu dienen, sich mit seinen Freunden auszutauschen. Erhielt man von jemandem den Hinweis, sich einen Artikel, Video oder Ähnliches anzuschauen, so konnte man sich bereits im voraus darauf einstellen, was der entsprechende Freund einem zeigen wollte, da man ihn ja kannte. Das Gelesene wird von einem selber eher akzeptiert, wenn man es von einer Person erhält, welche einem sympathisch ist. Dies machen sich die Seitenbetreiber zu Nutze. Diejenigen, die den Newsfeed besagter Seite abonniert haben, sehen den Post und – da sie die Seite kennen und mögen – teilen diesen mit ihren Freunden. Nun erscheint der Post auch bei Nutzern, welche nicht direkt in Kontakt mit der Seite stehen. Sie sehen, dass ein guter Freund eine wichtige Mitteilung hat und versuchen nun durch das Teilen ihrerseits, diese Information unter die Leute zu bringen. Ob die geteilte Information stimmt oder wirklich relevant ist, scheint immer unwichtiger zu werden. Schließlich hat es jemand aus dem Freundeskreis bereits als wichtig empfunden, und man nimmt an, dass derjenige sich schon von der Richtigkeit des Beitrags überzeugt hat.

Zusätzlich erlebt man durch das Teilen solcher Posts ein Gefühl des Zusammenhalts. Man gehört zu denen, die versuchen, durch das öffentliche Aufzeigen von Missständen Aufmerksamkeit zu erregen. Dadurch werden, so der Gedankengang beim Benutzer, die Verursacher besagten Missstandes bestimmt dazu gezwungen, für ihren Fehler geradezustehen. Doch ist es nicht scheinheilig, zu glauben, man würde gegen Probleme in der Welt ankämpfen, wenn man irgendwelche Inhalte über ein soziales Netzwerk teilt? Dieses unreflektierte, konzeptlose Handeln lässt sich wohl getrost als plumper Aktionismus betiteln. Wir erinnern uns alle an das Kony-Video, welches weltweit für Empörung sorgte. Ungeachtet der einseitigen Darstellung des Problems und der zweifelhaften Recherche verbreitete sich das Video wie ein Lauffeuer im Internet. Einen wirklich positiven Effekt hat das Teilen des Videos nicht bewirkt, wie man nachher gesehen hat. Als weiteres Beispiel ließe sich ein Vergewaltigungsskandal aus Indien nennen, der in blutiger Selbstjustiz endete. Die Wurzel des Problems – die indische Justiz – blieb unangetastet.

Ein anderes Phänomen ist die Lebensdauer solcher Beiträge. Manche scheinen nach einem kurzen Aufblühen sofort wieder zu verschwinden, während andere sehr lange im Umlauf sind. Viele dürften etwa den hier angesprochenen Beitrag gesehen haben. Der Witz an der Sache ist, dass die Täter bereits vor Jahren ihre Strafe erhielten. Viele Seitenbetreiber graben das Bild immer wieder aus, da es reichlich Klicks und somit Reichweite für ihre Seite generiert. Die Nachricht, dass die Täter gefasst wurden, verbreitet sich dagegen nur schleppend bis gar nicht. Allgemein scheint die Internetgemeinde auf das Thema Tierquälerei sehr gut anzuspringen, was auch großzügig ausgenutzt wird. Dazu treten wohl nur noch Beiträge zu sogenannten "Kinderschändern" – ein schreckliches Wort, welches dem Opfer die "Schande" zuweist – in Konkurrenz. Oder Kombinationen von beidem.

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Wirft man einen Blick in den Kommentarbereich von Facebook, so erstaunt es einen immer wieder, zu sehen, zu welchen menschenverachtenden Behauptungen manche im Internet fähig sind. Selbst wenn man über Facebook doch sehr schnell identifiziert werden kann, scheint die Tatsache, dass man keinem Menschen direkt gegenüber steht, die Hemmschwelle für diverse Aussagen doch stark zu senken. Tendenziell werden auch solche Kommentare bevorzugt mit "Gefällt mir"-Angaben versehen, welche der Meinung des wütenden Mobs am ehesten (und in plumpster Ausführung) entsprechen. Gerade dieser virtuelle Ego-Boost verführt wohl viele Nutzer dazu, auch einmal einen „gepfefferten“ Kommentar zu hinterlassen. Durch ihre hanebüchenen Argumente, mangelhafte Rechtschreibkenntnisse und frei erfundenen Statistiken befördern sich diese Menschen in Diskussionen aber meist selber ins Aus.


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Welche Lösungen könnte man für die hier beschriebenen Probleme suchen? Was unternimmt Facebook bereits in diesem Moment dagegen? Nicht viel, so hat es jedenfalls den Anschein. Versucht man, anstößige Inhalte zu melden, so werden Anträge auf deren Entfernung, besonders im Fall von Gewaltdarstellung und -verherrlichung, nicht gelöscht. In diesem Bereich besteht dringender Nachbesserungsbedarf von Seiten der Betreiber sozialer Netzwerke, wobei auch das geltende Gesetz gegenüber rechtswidriger Äußerungen im Internet strikter angewandt werden müsste.
 

Quellen:


http://www.zeit.de/politik/ausland/2012-03/kony-2012-invisible-children-kritik
http://www.mimikama.at/allgemein/gewaltvideos-und-hetzkampagnen-was-tut-facebook/ 




Donnerstag, 20. November 2014

Zuerst wollte er nur diesen Blog lesen, doch was dann geschah, war einfach nur unglaublich...


http://imgs.xkcd.com/comics/headlines.png
 

Na, Interesse geweckt? Derlei Überschriften und Beiträge sind Ihnen sicherlich schon beim Durchstöbern Ihres Newsfeeds im sozialen Netzwerk Ihrer Wahl begegnet. Vielleicht haben Sie auch schon einen dieser Links angeklickt und waren anschließend vom Resultat enttäuscht. "Da ist ja gar kein skandalöses Video von Promi A im Bett mit Promi B!" Trotzdem haben Sie vorher zugestimmt, die Seite mit Ihren Freunden zu teilen und eine Umfrage ausgefüllt, um auf die Seite zu gelangen – zu groß ist die Versuchung gewesen.

Bei der eben beschriebenen Situation handelt es sich um ein Paradebeispiel für sogenanntes „Clickbaiting“. Mithilfe reißerischer Überschriften und Bilder, die das Interesse der Nutzer wecken sollen, wird versucht, auf der eigenen Internetseite für ordentlich Verkehr zu sorgen. Wie der Seitenbetreiber diesen Verkehr auf seiner Internetseite für eigene Zwecke nutzt, und warum solche Seiten generell problematisch sind, will ich in diesem Artikel näher erläutern. Zusätzlich will ich am Beispiel von Facebook aufzeigen, warum gerade Beiträge wie das oben genannte Beispiel die Eigenschaft besitzen, sich wie ein Lauffeuer über die Startseiten der Nutzer zu verbreiten.

Sieht man sich ein paar Vertreter der Fraktion Clickbaiting-Seiten etwas genauer an, so erkennt man, dass diese alle in etwa nach dem gleichen Muster gestrickt sind. An allen Ecken und Enden quellen Überschriften und Bilder hervor, die einen dazu animieren sollen, sich nach Lust und Laune durch Fotostrecken, süße Videos von kleinen Tieren und "unglaubliche Geschichten" zu klicken. Dabei fällt auf, dass relevante und erklärende Informationen zu den verschiedenen Themen, sofern diese überhaupt vorhanden sind, relativ schwierig aufzufinden sind. Besonders bei den Fotostrecken erlauben sich die Ersteller öfters, selbst eine lustige/ergreifende/unglaubliche Hintergrundgeschichte zum jeweiligen Bild auszudenken. Manchmal würde ich gerne in den Quellenangaben nachprüfen, ob sich das auch wirklich so zugetragen hat, aber dieses sucht man – genau wie das Impressum – meist vergebens. Wenn diese beiden elementaren Angaben auf einer "professionellen" Internetseite fehlen, so ist bestimmt auch das Thema Urheberrechtsverletzung nicht fern. Tatsächlich fand ich bei meinen Recherchen heraus, dass etwa die Betreiber der Seite "heftig.co" in dieser Richtung schon einige Probleme hatten. Es bleibt aber zu erwähnen, dass (wenigstens) "heftig.co" in Sachen Quellen und Impressum nachgebessert hat.

Weiterführend sollte man anmerken, dass es sich bei solchen Seiten, wie "heftig.co" und "buzzfeed.com" wohl noch um das kleinere Übel handelt. In Anbetracht der Umstände muss man diesen Seiten wenigstens gutheißen, dass die angepriesenen Inhalte wenigstens auch geboten werden. Wie die Seitenbetreiber dieser Websites mit ihrer enormen Reichweite Geld verdienen, lässt sich wohl am einfachsten mit dem Stichwort „Werbegebühren“ beschreiben. Denn derlei oft frequentierte Inhalte stellen natürlich eine interessante Werbeplattform für diverse Unternehmen dar.

Im Gegensatz zu den gerade erwähnten Seiten kursieren auch noch Links von Seiten in den sozialen Netzwerken, welche mit grenzwertigen Inhalten werben. An dieser Stelle treten nun die Mechanismen in Kraft, die auch schon im einleitenden Beispiel genannt worden sind. Es wird mit allen Mitteln versucht, sich die Daten der Nutzer anzueignen. Und dass man mit Nutzerdaten bares Geld machen kann, sollte mittlerweile jedem bekannt sein. Bei solchen Links kann einem nur geraten werden, sie unter keinen Umständen anzuklicken.

Wie bereits vorhin angedeutet, werde ich in diesem Beitrag auch kurz, am Beispiel von Facebook, erläutern, warum solche Clickbaiting-Posts sich rasend schnell in den sozialen Netzwerken verbreiten können. Dies liegt daran, wie Facebook die Beiträge, mit denen das System tagtäglich überflutet wird, sortiert und entscheidet, wer welche Posts zu Gesicht bekommt. Prinzipiell sind die Betreiber von Facebook daran interessiert, dass deren Nutzer interessante Beiträge in ihrem Newsfeed vorfinden, damit sie sich nicht für ein anderes soziales Netzwerk entscheiden. Also versuchen sie, Beiträge dahingehend zu bewerten, ob diese für einen Nutzer von Interesse sein könnten. Wie dies genau vonstattengeht, ist ein wohl behütetes Geheimnis, und Facebook bemüht sich, die zu Grunde liegenden Algorithmen stetig zu verfeinern. Den Seitenbetreibern steht lediglich die Anzahl von Nutzern zur Verfügung, welche die eigenen Beiträge gesehen und mit ihnen interagiert haben. Merkt man nun, dass ein Post eine besonders große Reichweite erreicht, versucht man, beim nächsten Post ähnlich vorzugehen, um die Reichweite der eigenen Seite stets zu vergrößern. Schnell wird klar, dass es im Grundlegenden darum geht, wie viele Interaktionen (Likes, Comments, Shares, Tags) mit dem Post in Verbindung gebracht werden können. Seitenbetreiber, die ihre Reichweite erhöhen wollen, sind also quasi gezwungen, ihre Posts so aufzubauen, dass sich möglichst viele Nutzer dazu aufgefordert fühlen, damit zu interagieren. Am Beispiel von „heftig.co“ kann man gut erkennen, welche Mühe sich die Ersteller der Inhalte geben, um herauszufinden welche Kombination von Formulierung und Bild pro Beitrag potentiell die meisten Klicks ergibt und somit auf Facebook landet.

Dass unter diesen Umständen die allgemeine journalistische Qualität der Beiträge auf Facebook leidet, sollte nicht unerwähnt bleiben. Sind die Startseiten der Nutzer mit sensationalistischen Beiträgen zugekleistert, weil die Algorithmik von Facebook dahinter interessante Artikel vermutet, gehen womöglich lesenswerte Artikel dabei unter. Zusätzlich besteht nun auch die Gefahr, dass Internetpräsenzen von seriösen Unternehmen auf die Methoden des Click Baiting umsteigen (müssen), um überhaupt noch Nutzer zu erreichen. Sollte man jetzt als Betreiber einer relativ kleinen Facebookseite auf die Idee kommen, sich mit kostenpflichtiger Werbung zu behelfen, um die eigene Reichweite zu erhöhen, so kann ich nur davon abraten. Hier wird erklärt, warum gerade dies ein Todesstoß für die eigene Seite sein kann.


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In der Chefetage von Facebook ist das Problem mit den Clickbaiting-Seiten schon länger bekannt, und es wird versucht, die Algorithmen dahingehend anzupassen, dass solche Beiträge nicht mehr so schnell in die Newsfeeds der Nutzer gelangen können. Eine erfreuliche Entwicklung, denn diese Seiten sind vielen Nutzern ein Dorn im Auge. Nebst der bereits aufgezählten Aspekte stört mich persönlich am Prinzip des Clickbaiting, wie es sich, meiner Meinung nach, auf die Psyche des Menschen auswirkt. Man wird mit einem "information overload" aus Überschriften übersät, niemals kann man sich alle Artikel im Detail anschauen. Die Faulheit zwingt einen schließlich dazu, Sachverhalte alleine aus dem Lesen der Überschrift und einer kurzen Beschreibung zu schließen. Diese ersten Textpassagen scheinen praktisch darauf ausgelegt, die Meinung des Lesenden zu prägen. Gepaart mit der Möglichkeit, sich sofort über das Gelesene mit anderen Nutzern auszutauschen, kann dies zu fragwürdigen Aussagen führen. Zusätzlich besteht die Gefahr, dass das Surfen auf solchen Websites zu einem immer größeren Zwang heranwächst, die Inhalte einen emotional ermüden, was nun das Verhalten in sozialen Netzwerken maßgeblich zu beeinflussen scheint. Und genau an dieser Thematik wird der zweite Teil meines Artikels auf diesem Blog andocken. Dort werde ich versuchen, das allgemeine Verhalten verschiedener Facebooknutzer zu skizzieren, zu analysieren und zu bewerten.



 

Quellen: